Der Text dazu:
Hochspannung bis MitternachtKampf um Oberliga-Lizenz: SG Leipzig-Leutzsch muss mehr als die Hälfte der Sachsen-Kicker für sich gewinnenLeipzig. Gemäß der 50+1-Regel der Deutschen Fußball-Liga ist es Kapitalanlegern nicht möglich, die Stimmenmehrheit in Profi-Clubs an sich zu reißen.
Viele Etagen tiefer kämpft die SG Leipzig-Leutzsch mit einer anderen 50+1-Regel. Die SGL-Macher sind mit Sachsen-Insolvenzverwalter Heiko Kratz bekanntlich formal einig über eine Ausgliederung der FCS-Oberliga-Mannschaft. Die SGL muss den Männern um Kapitän Kevin Kittler allerdings einen Wechsel zum neuen Club erst noch schmackhaft machen. An dieser Stelle kommt besagte Regel ins Spiel. Nur, wenn mehr als die Hälfte aller Kader-Aktivisten ja zur SGL sagt, geht der Deal mit dem Insolvenzverwalter und dem Sächsischen Fußball-Verband über die Bühne.
Das Ganze hat auch einen zeitlichen Engpass: Bis gestern Nacht um 24 Uhr musste die erforderliche Stimmenmehrheit erreicht sein und in Sack und Tüten zum Verband in die Sportschule Abtnaundorf gekarrt werden. Jamal Engel und seine SGL-Gefolgschaft telefonierte, redete sich den Mund fusselig, stattete diversen Spielern Besuche ab, wedelte mit besagtem Schriftstück. Am Abend war das Werk noch nicht vollbracht, hatten lediglich einige jüngere FCS-Fußballer unterschrieben.
Dagegen winkten die Routiniers Kevin Kittler, Enrico Köckeritz, Mario Scholze und Sven Werner unisono ab. Kapitän Kittler fühlt sich überrumpelt und hegt grundsätzliche Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Vorstoßes. "Ich kenne das Konzept nicht im Detail, mir hat das auch keiner erklärt. Wenn aber die BSG Chemie und die SG Leipzig-Leutzsch plötzlich je 300 000 Euro zur Verfügung haben, frage ich mich, wieso man damit nicht den FC Sachsen rettet." Der dienstälteste Sachse ist seit 2001 im Verein, wird "auf keinen Fall" zur SGL wechseln. Gilt auch für seinen Kollegen Enrico Köckeritz, der auch schon sieben Jahre beim FC Sachsen unter Vertrag steht und ein Mann mit eigener, dezidierter Meinung ist. "So eine Unterschrift auf die Schnelle gibt es bei mir nicht. Das ist doch alles zu kurzfristig. Ich halte mich jetzt aus allem raus."
Insolvenzverwalter Kratz ist nach dem Aus des FC Sachsen nur noch den Gläubigern und einer hohen Insolvenzquote verpflichtet. Bei den schlussendlich gescheiterten Verhandlungen mit RB Leipzig über eine Einverleibung der FCS-Oberliga-Truppe könnte Kratz übers Ziel hinausgeschossen sein, hatte weit über 250 000 Euro aufgerufen. Der Preis ist gesunken, soll jetzt bei 100 000 Euro liegen.
Guido Schäfer