von Gottfried Schalow

Christian Sund (links) und David Quidzinski klären im Doppelpack vor Bautzens Stürmer Maik Salewski. (FOTO: LÖFFLER)
Halle (Saale)/MZ. Es war ein ganz neuer Thomas Diedrich, der da am Sonnabend beim VfL 96 auf der Trainerbank saß. Nicht nur wegen der neuerdings raspelkurzen Haare. Diedrich, sonst eher einer der ruhigen und unaufgeregten Vertreter seiner Zunft, war in Hochform. Meter um Meter lief er vor seinem Glaskasten auf und ab, gestikulierte wild, rief lautstark seine Anweisungen über das ganze Feld.
Der VfL Halle hat am Sonnabend auch sein zweites Saisonspiel in der Fußball-Oberliga mit 0:2 verloren. Der blamablen Pleite zum Saisonstart gegen die zweite Mannschaft aus Chemnitz folgte diesmal eine Niederlage gegen Bautzen. Das Zittern im Tabellenkeller geht also wieder los am Zoo. Der VfL ist Vorletzter. Wenn auch in einer Liga, in der nach zwei Spielen noch sechs Teams ohne Punktgewinn dastehen.
Doch wie so oft, Zahlen und Ergebnis waren an diesem Sonnabend nur die halbe Wahrheit. "Wir haben vier, fünf Klassen besser gespielt als gegen Chemnitz. Bautzen ist immerhin der hohe Aufstiegsfavorit, die können uns ganz schnell auch mal zweistellig abschießen", sagte der bis auf eine entscheidende Szene fehlerfreie VfL-Abwehrchef Christian Sund. Und niemand widersprach ihm. "Wir hatten einen Plan und viele Ideen, wie man den Favoriten knacken kann. Und wir hätten sogar in Führung gehen können. Wer weiß, wie das Spiel dann gelaufen wäre."
Auch Trainer Diedrich ackerte an der Seitenlinie. Schon nach 20 Minuten holte er den neu verpflichteten Stürmer Tobias Haufe an die Seitenlinie und wies ihn noch einmal auf seine Position und seine Aufgaben ein. Nur ein paar Minuten später gab es dieselbe Prozedur für Außenverteidiger Sascha Rode. Zwischendurch kamen heftige Flüche, vor allem, als Benito Baez-Ayala elfmeterreif an der Strafraumgrenze gefoult wurde. Als dann Haufe Mitte der zweiten Halbzeit nach einem heftigen Zweikampf verletzt ausscheiden musste, flog sogar eine gut gefüllte Wasserflasche auf das Spielfeld.
Gut möglich, dass dieser Einsatz an der Linie sogar seine Wirkung gezeigt hätte, wenn da nicht die vertrackte 57. Minute gewesen wäre, die alle Mühen mit einem Schlag wertlos machte. Ein Bautzener Spieler hatte den Ball in Höhe der Mittellinie mit der Hand mitgenommen, doch Schiedsrichter Michael Jäntsch ließ weiterspielen. Es folgte eine unendliche Geschichte in der VfL-Hälfte. Fünf, sechs Spieler kamen an den Ball, spielten mal kurz, mal quer, keiner kam auf die Idee eines rettenden Befreiungsschlages. Stattdessen wurde ein Bautzener Stürmer angeschossen. Dadurch kam Sund in Bedrängnis, spielte in seiner Not einen fatalen Fehlpass auf Bautzens Sylvio Schwitzky, der dann keine Mühe hatte, ins VfL-Tor zu treffen.
Der VfL erholte sich von dem Gegentreffer nicht mehr wirklich. Eine einzige Freistoßchance kam noch nach 69 Minuten zustande. Die jedoch ließ David Reich ungenutzt. Bautzens Mauer blockte seinen Schussversuch ab. Das zweite Tor, wiederum durch Schwitzky in der Nachspielzeit, war nur noch für Statistiker wichtig.
Zwei Spiele, zwei Heim-Niederlagen, 0:4 Tore, es sieht bedenklich aus für den VfL 96. Und dennoch machte das Spiel gegen Bautzen Hoffnung, dass es sich bei der jetzigen Tabelle nur um eine Momentaufnahme handeln könnte. Sogar am Ergebnis ließ sich ein positiver Trend herauslesen.
"Schade, da war mehr drin heute", kommentierte Thomas Diedrich. Und auch Robin Huth, der noch wochenlang verletzt zuschauen muss und dem VfL 96 spürbar fehlt, war nach dem Auftritt guter Dinge: "Das wird schon noch. Zumindest dann, wenn wir immer so spielen wie heute." Wenn nicht, dann allerdings wird die Abstiegsangst auch in diesem Jahr wieder Dauergast im Stadion am Zoo.
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Brief: Nach Ausraster
Quelle: http://www.mz-web.de
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