Folgender Text wurde in der Halbzeit auf der Haupttribüne verteilt:
Gegen Schwulenfeindlichkeit!
Ein paar Worte zum Banner „Fußballfans gegen Homophobie“
Ein Fußballstadion kann ein sehr schöner Ort sein. Man kann dort Bier trinken, die eigene Mannschaft anfeuern und Freunde treffen oder einfach nur ein Spiel ansehen. Als Fan fiebert man mit und hofft auf drei Punkte. Unabhängig davon, ob es klappt oder nicht: der Fan ist emotional beteiligt. Leider befinden sich aber noch immer vorwiegend Männer in der Kurve; im Gemisch mit Alkohol und überbetonter Männlichkeit kommt es dann immer wieder zu unschönen, oft auch gewalttätigen Erscheinungen. Gerade wenn der Spielverlauf etwas ungünstig verläuft, kann auch etwas Ärger und Wut aufkommen. Das ist völlig normal. Normal in den meisten Stadien dieser Welt ist allerdings auch, dass der Gegner, der Schiri oder die gegnerischen Fans – nicht nur in Situationen, in denen man sich ärgert – als „schwul“ bzw. als „Schwuchtel“ bezeichnet werden. Diese Äußerungen sind – trotz aller gegenteiligen Bemühungen – auch manchmal am Zoo zu hören. Eigentlich sollte es überflüssig sein zu erklären, warum homophobe Sprüche weder im Stadion noch irgendwo sonst etwas zu suchen haben. Aber leider muss noch immer darauf verwiesen werden, dass die sexuellen Neigungen des Einzelnen absolute Privatsache sind; dies geht niemand anderen etwas an. Auch wenn die homophoben Beleidigungen sich nicht gegen tatsächlich homosexuelle Menschen richten, schaffen sie doch ein schwulenfeindliches Klima. Auf ein solches Klima haben wir keine Lust. Wir finden es unerträglich, dass solch regressiven Äußerungen (bei weitem nicht nur im Stadion) zur Alltagssprache vieler und damit zu einem menschenfeindlichen Mainstream geworden sind. Der oft saloppe Ausdruck, dass einem der Spruch „nur so rausgerutscht“ sei und man dann gönnerhaft von sich behauptet, man habe nichts gegen Schwule, macht den beleidigenden Ausdruck selbstverständlich nicht besser. Eher im Gegenteil unterscheidet man sich dann kaum von hartgesottenen Schwulenhassern wie Christoph Daum oder vielen andere Fußballfunktionären, Sportlern und unzähligen Fans, die Homosexualität für „abartig“ oder eine Gefährdung der Jugend o.ä. halten. Gegen diese Entwicklungen stellen wir uns. Aus diesem Grund freuen wir uns, dass heute beim Spiel gegen Lok das Banner „Fußballfans gegen Homophobie“ gezeigt werden kann. Die Leute, die sich von dem Plakat provoziert fühlen, wollen wir provozieren, da wir mit diesen nichts gemein haben. Das Banner tourt gerade durch viele Stadien und war bereits in allen Ligen zwischen Europaleague und Verbandsliga zu sehen. Dieser Zuspruch vieler Fangruppen zu dieser Kampagne überrascht und freut uns. Allerdings hat sich das Thema „Homophobie“ damit nicht erledigt. Jeder einzelne ist da gefragt und sollte bei schwulenfeindlichen Äußerungen am Zoo oder abends auf der Party intervenieren. Es sollte selbstverständlich sein, dass Rassismus, Sexismus, Antisemitismus und eben Schwulenhass menschenverachtende Ideologien sind. Da es aber offensichtlich nicht selbstverständlich ist, gilt es erst recht, sich zu positionieren.
In diesem Sinne: Schaut nicht weg! Für einen VfL, bei dem sich alle wohlfühlen, die eine friedliche, offene Atmosphäre dumpfen Ressentiments und Gewalt vorziehen.
Die aktiven Fans des VfL Halle 96